Man sieht ein Schnittmuster und kauft den Stoff dazu. Bei jedem neuen Schnittmuster.
Ist das nachhaltig? Kann man das als Slow Fashion bezeichnen?
Teuer ist es definitiv. Und nicht wirtschaftlich. Denn der Berg mit den Stoffresten wächst bei jedem Projekt. Was passiert mit den Resten? Werden sie in Kisten versauern oder weggeschmissen?
Bei Kaufkleidung achte ich zunehmend auf die Produktions- und Arbeitsbedingungen. Beim Nähen war das bisher anders. Ich hatte meistens keinen Schimmer, wie die Stoffe produziert wurden. Den Stoffkaufrausch, das Äquivalent des Kleidungskaufrauschs, kenne ich zu gut. Das Ergebnis? Am Ende ist irgendwas übersättigt: der Kleiderschrank, die Restekiste oder die Mülldeponie. Allein in Deutschland landen pro Jahr ungefähr 400.00 Tonnen Alttextilien und Schuhe im Müll.*
Mein Nähen ist noch weit davon entfernt, nachhaltig zu sein. Angesichts meines Kaufverhaltens wäre es nur konsequent, ausschließlich fair produzierte Stoffe zu verarbeiten. Und nur das zu nähen, was ich auch wirklich tragen möchte. Länger als eine Saison.
Slow Sewing statt Zuwachs für die Restekiste
Nachhaltigeres Nähen funktioniert umgekehrt als oben beschrieben. Diese s
echs Schritte habe ich mir vorgenommen:
- Keine Stoffe auf Vorrat kaufen, nur weil sie schön sind. Stattdessen bewusst nach Stoffen Ausschau halten, die man oft tragen möchte.
- Schnittmuster nur kaufen, wenn sie wirklich zum eigenen Stil passen.
- Ein Kleidungsstück nähen, weil man es braucht. Nicht, weil es ein Must Have ist oder der letzte Blogbeitrag schon so lang her ist.
- Löcher und kleine Risse selbst reparieren, statt das Teil wegzuwerfen.
- Ungeliebte Kleidungsstücke kann man upcyclen oder auf Kleidertauschbörsen weitergeben.
- Stoffreste kann man mit kleineren Projekten aufbrauchen, zum Beispiel für waschbare Abschminkpads.
#Fabricdestash mit bewusstem Nähen
Statt neuen Stoff zum neuen Schnittmuster zu kaufen, schaue ich mittlerweile eher, welches Material ich schon besitze. Und überlege dann, was ich daraus nähen könnte. Ich suche nach Schnittmengen zu meiner To Sew Liste. Manchmal kommt dabei ein Kleidungsstück raus, das ich so nie genäht hätte. Dann freue ich mich, den Schritt aus meiner Nähkomfortzone gewagt zu haben. So geschah es auch bei diesem Top.
Cropped Top mit Rollkragen
Streifen sind natürlich mein Ding. Aber rot? Sieht man selten an mir. Und noch seltener ist diese Länge. Im Laden hänge ich Cropped Shirts schnell wieder auf die Stange. Beim Rollkragenshirt hat der Stoffrest aber nicht für ein „ganzes“ Shirt ausgereicht. Egal, wie sehr ich gepuzzelt habe. Dabei ist das Schnittmuster von Stoff & Stil eines meiner liebsten Basicschnitte. Also hab ich mich getraut, die Länge angepasst und finde das Teil jetzt ganz wunderbar.
Was denkt Ihr: Ist selbst Nähen grundsätzlich nachhaltiger als Kleidung kaufen? Achtet Ihr darauf, wo und wie eure Stoffe produziert wurden? Was macht Ihr mit Stoffresten?
Ich bin gespannt auf eure Meinung!
Stoff: Rib-Jersey aus der Restekiste
Schnitt: Stoff & Stil
*Textil-Fibel 5, Greenpeace Magazin, S. 26.
(Verspätet) verlinkt bei 12 Colours of Handmade Fashion
Liebe Eda,
Da hast du das gedankenkarusell im Kopf mal wieder angestoßen, du hast so recht, auch ich würde gern nachhaltiger nähen, denn mein Kleiderschrank ist nicht übervoll, aber zumindest so reichhaltig , dass es mich eigentlich auch nervt. Weniger ist mehr, sowohl bei kaufen von Kleidung als auch beim nähen von Kleidung. Beim selber nähen ist es sogar viel schlimmer als mit gekaufter Kleidung. Immer was unter den Nadeln haben. Egal, ob man es braucht oder Nicht. das kann es nicht sein. Leide habe ich da auch noch keine Erfolgsrezept , da heißt es wohl nur, es sich immer regelmäßig vor Augen führen, am besten mit einem guten Spruch direkt im nähzimmer an der Wand.
LG Kirsten
Liebe Kirsten,
weniger ist mehr – das hast Du schön zusammengefasst :) Ich hab mich da bisher selbst oft unter Druck gesetzt, mal wieder was nähen zu müssen, egal, ob ich da Lust drauf hatte oder etwas brauchte. Da werde ich in Zukunft gegen angehen und nur noch nähen, wenn ich inspiriert bin und Verwendung für das Teil habe. Da hilft ganz sicher auch deine Idee, einen kleine Erinnerungshilfe über den Nähtisch zu hängen :)
Liebe Grüße
Gut geschrieben!! Die meisten Gedanken kenne ich genau so. Seit ich meinen Shop eröffnet habe, fällt es mir deutlich leichter. Ich nähe mehr Basics die ich auch wirklich brauche. Außerdem habe ich mir schon seit ca einem Jahr angewöhnt einen Stoff den ich schön finde erstmal in Gedanken in meinem Schrank zu kombinieren. Das hilft mir ungemein keine Schrankleichen selbst zu nähen. Auch das Upcyceln versuche ich im Rahmen meiner Aktion ReFashion – neue alte Lieblingsstücke in mein alltägliches Denken zu verankern.
Ausbaufähig ist definitiv der Umgang mit meinen Stoffresten. Meine Restekiste quillt über und wird ggfs in den Müll entsorgt. Hier suche ich noch nach einer nachhaltigen Lösung…
Liebe Grüße
Julia
Liebe Julia,
dank Dir sehr für deinen Kommentar. Das Thema liegt mir auch wirklich am Herzen.
Basics ist ein gutes Stichwort: Oft hab ich Schnittmuster umgesetzt, die aufwendig waren, einfach um eine Herausforderung zu haben. Im Prinzip trage ich aber klare, einfache Schnitte am liebsten und die verspielten Sachen hängen nur im Kleiderschrank :D
Den Stoff vorher mal im Kleiderschrank zu kombinieren ist ein super Tipp. Da geht man an den Kauf direkt viel reflektierter ran.
Liebe Grüße
Richtig schön zu sehen, dass sich da andere auch Gedanken drüber machen. Ich hab jetzt auch beschlossen meine Stoffsammlung abzubauen, bevor ich mir neuen Stoff kaufe (außer ich brauche wirklich etwas, für ein Kleidungsstück) und wie du gesagt hast, kommen Kleidungsstücke raus, die man so gar nicht gemacht hätte, aber sehr cool sein können! Man wird einfach nochmal anders kreativ! Mein letztes Projekt ist auch aus Reststoffen entstanden :)
Ich frag mich selbst auch, wie nachhaltig das ganze ist, vor Allem wenn man das ganze mal in einem Probestoff durchnäht. Bei manchen Schnitten, bei denen ich nicht weiß, ob es direkt passt, mache ich das eben schon. Wenn der Schnitt dann nicht direkt funktioniert oder man es in einem billigen Stoff durchgenäht hat, will man das ja auch nicht tragen, also hat man gleich noch ein Kleidungsstück für die Tonne produziert (ist eben vor Allem in meinem Modedesign Studium so) da steht man irgendwie echt in einem Konflikt zwischen: Dinge ausprobieren, experimentell arbeiten, tolle Schnitte entwickeln aber dabei eben auch viel Müll produzieren oder auf Nummer sicher gehen und wenig kreativ sein, dafür weniger Müll produzieren :(
Liebe Jessica,
vielen Dank für deinen Kommentar und die Denkanstöße! Tatsächlich nähe ich Dinge superselten mit Probestoff, sondern schneide meist direkt (schwitzend) in den Lieblingsstoff. Wobei ich mir gar nicht sicher bin, was nachhaltiger ist: Wenn man das Probestück weglässt, den guten Stoff anschneidet und es dann schiefgeht, hat man auch wieder Abfall produziert. Da finde ich es fast bewusster und nachhaltiger, aufwendigere Schnitte Probe zu nähen, eventuell aus Stoffresten zusammengebaut.
Ich denke, da gibt es sicher einen guten Mittelweg, ressourcenschonender zu arbeiten, zugleich aber kreativ und experimentell zu bleiben. Sich überhaupt Gedanken zu machen, das eigene Nähverhalten zu hinterfragen, finde ich schon einen riesigen Schritt in eine gute Richtung.
Lieben Gruß!
Liebe Laura,
herzlichen Glückwunsch zu deinem wunderbaren Blog!
Du schreibst so toll und deine Fotos gefallen mir ebenfalls wahnsinnig gut.
Und dein grandioses Nadelkissen hat natürlich einen Ehrenplatz in unserer Freebook-Sammlung “Nadelkissen nähen”
bekommen!
Viele Grüße, Sabine
Hallo Sabine,
lieben Dank für deine herzlichen Worte! :) Ich freu mich, dass dir mein Blog gefällt.
Viele Grüße
Laura
Ich habe mich in deinem Beitrag richtig wiedergefunden. All diese Gedanken gingen mir auch schon mehrmals durch den Kopf. Allerdings ist mir beim lesen aufgefallen, das es wohl schon etwas her sein muss, da ich für mich für die ein oder andere aufgeworfene Frage auch eine Antwort hatte.
Die Nähwut, wie ich es nenne, wird vor allem durch meine Kinder gebremst. Mit zwei kleinen Mäusen hat man nicht mehr so viel Zeit und Energie noch so viel zu nähen. Andererseits, wenn man für andere mit näht, und das kann auch gerne mal für meine ganze Familie der Fall sein, dann hat man was zu tun und es füllt am Ende nicht nur den eigenen Kleiderschrank.
Meine Reste verwerte ich gerne in bunter Unterwäsche für meine Kits und seit neuestem auch für mich. Upcyclen ist mir auch nicht fremd. Auch meine eigeneren Kreationen landen gerne noch ein zweites Mal unter der Nähmaschine.
Bleibt nur der Punkt mit den nachhaltigen Stoffen. Bisher habe ich mich dann doch gerne von der Optik leiten lassen…
Danke für deine Inspirationen. Es ist immer gut mal übersein eigenes Tun und lassen nachzudenken ;-)
LG Sabrina